Lesefährte Waldweisen
Forest Ditty Reading Track
(2011.04.01)
Auf bislang 20 km Länge konnte das seit 2005 von W.Georgsdorf entwickelte und in Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb Forst Brandenburg / Oberförsterei Hammer realisierte System von Rundwanderungen in 2011 erweitert werden.
20 km Weltliteratur über den Wald – im Wald – an Lesepulten aus Kiefernstammstücken mit Harzlachten.
Die Eröffnung der erweiterten und überabeiteten Installation fand am 23. April 2011 statt (‚Tag des Buches trifft Jahr der Wälder‘).
Lesefährte Waldweise im Deutschlandfunk: Die Poesie des Waldes
The project, developed by Wolfgang Georgsdorf since 2005 and implemented in cooperation with the State Forest Brandenburg Holding / Head Forestry Hammer, was extended and upgraded along a system of walkabouts of 20 kilometres.
The art project is a public space installation in the Dahme-Spree-Forest of Brandenburg. A walkabout of world literature on the forest – in the forest. On lecterns of pine tree resin score logs along the path.
Opening 23rd April 2011
Elias Canetti, Johann Wolfgang von Goethe, Adalbert Stifter, William Shakespeare, Saryu, Novalis, Oskar Loerke, Karl Kraus, Franz Junghuhn, Alexander von Humboldt, Johann Gottfried Herder, Dante Alighieri, Matthias Claudius, Kobayashi Issa, Gautama Buddha, Wilhelm und Jacob Grimm, Richard Dehmel, Nikolaus Lenau, Joseph Beuys, Clemens Brentano, Paul Celan, Alfred Döblin, Annette von Droste-Hülshoff, Franz Fühmann, Ernst Fuhrmann, Jean Giono, Gerhart Hauptmann, Ernst Jandl, Ernst Jünger, Franz Kafka, Ludwig Klages, Max Ernst, Marilyn Monroe, Christian Morgenstern, Robert Musil, Friedrich Nietzsche, Rainer Maria Rilke, Arno Schmidt, Theodor Storm, Achim von Arnim, Joseph von Eichendorff, Theodor Fontane, Ryôta, Friedrich Hölderlin, Charles Baudelaire und vielen weiteren bekannten und unbekannten Autoren und Quellen.
With texts by
Elias Canetti, Johann Wolfgang von Goethe, Adalbert Stifter, William Shakespeare, Saryu, Novalis, Oskar Loerke, Karl Kraus, Franz Junghuhn, Alexander von Humboldt, Johann Gottfried Herder, Dante Alighieri, Matthias Claudius, Kobayashi Issa, Gautama Buddha, Wilhelm und Jacob Grimm, Richard Dehmel, Nikolaus Lenau, Joseph Beuys, Clemens Brentano, Paul Celan, Alfred Döblin, Annette von Droste-Hülshoff, Franz Fühmann, Ernst Fuhrmann, Jean Giono, Gerhart Hauptmann, Ernst Jandl, Ernst Jünger, Franz Kafka, Ludwig Klages, Max Ernst, Marilyn Monroe, Christian Morgenstern, Robert Musil, Friedrich Nietzsche, Rainer Maria Rilke, Arno Schmidt, Theodor Storm, Achim von Arnim, Joseph von Eichendorff, Theodor Fontane, Ryôta, Friedrich Hölderlin, Charles Baudelaire and many more well-known as well as lesser known authors and sources.
Macht- Wald- und Forstordnungen Rechte, die der Landesherr und seine Beauftragten wahrzunehmen haben:
Die Hut- Trift- und Waydgangsgerechtigkeit, und die Macht, zuzulassen und zu verhüten und zu verbieten, mit gehütetem Vieh in die Wälder oder Forst zu fahren. Das Recht zu erlauben, die Schweine in die Eichelmast zu schlagen; das Recht, Eicheln und wildes Obst zu lesen, und Haselnüss zu brechen; das Recht, das dürre Holz aus dem Walde zu führen oder scheitern zu lassen; die Grasgerechtigkeiten, welche ohne dessen Erlaubnis und sonderbare Berechtigung niemand vornehmen oder ausüben darf; das Recht, die Bienen im Wald einzufangen und das Honig auszunehmen; das Recht, Forststeine zu setzen, oder Wald- und Holzmarkungen aufzurichten; das Recht, die Geiß, Schaaf und andere Thiere, die denen Wäldern durchaus schädlich, von denselben abzuhalten und zu verbieten, dass sie nicht in die Forst getrieben werden.
Zitat aus dem „Vollständigen Forst-, Fisch- und Jagdlexikon von 1772, in welchem alle bey dem Forst- Fisch- und Jagdwesen vorkommende Kunstwörter erkläret werden“
Ich ging im Walde So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
[…]
Johann Wolfgang Goethe (1749–1832), Gefunden
Denken, wie der Wald rauscht.
Adalbert Stifter (1805–1868)
In mehr als einer Sprache hat das Wort Wälder den Begriff von gesammelten Materialien ohne Plan und Ordnung; ich wünschte nur, daß meine Leser die etwas trocknen und verschlossenen Pfade dieses ersten Theils überstehen möchten, um hinter denselben zu freiern Aussichten zu gelangen.
[…]
Johann Gottfried HERDER (1744–1803) Kritische Wälder, Erstes Wäldchen; Beschluß
Schau, der junge Hirsch
schüttelt ab den Schmetterling
und schläft wieder ein.
Kobayashi Issa (Japanischer Haiku-Dichter, 1763–1852)
Stimmen, ins Grün
der Wasserfläche geritzt.
Wenn der Eisvogel taucht,
sirrt die Sekunde:
Was zu dir stand
an jedem der Ufer,
es tritt gemäht in ein anderes Bild.
[…]
Paul Celan (1920–1970), Stimmen
wir sind die menschen auf den wiesen
bald sind wir menschen unter den wiesen
und werden wiesen, und werden wald
das wird ein heiterer landaufenthalt
Ernst Jandl (1925-2000), Gedicht
Die Fährte ist vielleicht das erste, das Menschen zu ‚lesen’ gelernt haben. Sie ist nicht einfach ein gedeutetes Einzelzeichen, sondern ergibt sich in der Abfolge und abgewandelten Wiederkehr sämtlicher Spuren, denen am Weg eines Lebewesens gefolgt wird, das nicht in Sicht ist. In der Schwebe zwischen Ursache und Wirkung hängen die Anzeichen zusammen, aus denen die Fährte besteht, und verweisen auf einander, und diese Grammatik aus Abdrücken, Fressspuren, Ausscheidungen und allen weiteren, aus einer einzelnen Quelle herrührenden Einwirkungen auf die Umgebung des Raums, durch den sich das Verfolgte bewegt hat, ist eine kaum je gerade Zeile jener Schrift, an deren Ende ihr Urheber, das Lebewesen sein muss, tot oder lebendig. Und das Gewebe der Zeilen ist Text.
Wolfgang Georgsdorf (* 1959), Waldarbeit (2000–2010)
[…]
Denn in den Wäldern sind Dinge, über die nachzudenken man jahrelang im Moos liegen könnte.
Franz Kafka (1883–1924) auf einer Postkarte 1918 von einer Böhmerwaldreise an seinen Herausgeber Max Brod
Ihr lieben, traurigen Bäume –
Euch wünsche ich – Frieden
Aber ihr müsst wachen
Marilyn Monroe (1926–1962), Zettelnotiz im Hotel Waldorf-Astoria, New York 1955
Das Massensymbol der Deutschen war das Heer. Aber das Heer war mehr als das Heer: es war der marschierende Wald. In keinem modernen Lande der Welt ist das Waldgefühl so lebendig geblieben wie in Deutschland. Das Rigide und Parallele der aufrechtstehenden Bäume, ihre Dichte und ihre Zahl erfüllt das Herz des Deutschen mit tiefer und geheimnisvoller Freude. Er sucht den Wald, in dem seine Vorfahren gelebt haben, noch heute gern auf und fühlt sich eins mit Bäumen.
[…]
Elias Canetti (1905–1994), Masse und Macht; Massensymbole, »Deutsche«
[…]
Den deutschen Wald aber hat der Forstmeister so aufgebaut, daß er mit Recht sehr böse wäre, wenn man darin seine sachkundige Hand nicht sofort bemerken wollte. Er hat für Licht, Luft, Auswahl der Bäume, für Zufahrtswege, Lage der Schlagplätze, und Entfernung des Unterholzes gesorgt, und hat den Bäumen jene schöne, reihenförmige, gekämmte Anordnung gegeben, die uns so entzückt, wenn wir aus der wilden Unregelmäßigkeit der Großstädte kommen.
[…]
Robert Musil (1880–1942), Nachlaß zu Lebzeiten (1936)